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Innovative Möglichkeiten in der Schulterendoprothetik

Neuartige Therapiemöglichkeiten

Zunehmende funktionelle Ansprüche bei Patienten in fort geschrittenem Alter einerseits und der Anstieg der Früharthroserate, im Besonderen beim jüngeren Patienten durch Zunahme von Extrem- und Kontaktsportarten andererseits, führten auch im Bereich der Schulterendoprothetik zu immer vielversprechenderen und innovativeren Therapiemöglichkeiten.

Aufgrund der bestehenden Probleme der limitierten Standzeiten der Prothesen, drohender Komplikationen, wie Infekte oder irreparabler Sehnenrupturen, und der zu erwartenden Revisionsoperationen liegt das Hauptaugenmerk vor allem auf der exakten Rekonstruktion der Anatomie und Biomechanik des Glenohumeralgelenks mithilfe von schonenderen und nachhaltigeren Operationstechniken. Durch einen stufenweisen Aufbau in der prothetischen Versorgung des Schultergelenks vom arthroskopischen Oberflächenersatz über die knochensparende anatomische Schulterendoprothese bis zur neuen konvertierbaren inversen Schulterprothese kann den Patienten auch in Hinblick auf die Zukunft (etwaige zukünftige Revisionen) Schmerzfreiheit, Mobilität und gezielte Sportfähigkeit zurückgegeben werden.

Indikationen der Schulterendoprothetik

Voraussetzung für die Wahl der optimalen prothetischen Versorgung ist die richtige Indikationsstellung. Der genauen Indikationserstellung dienen Anamnese, klinische Untersuchung, radiologische Diagnostik sowie eine subjektive Evaluierung des Patienten. Generell ist zwischen reiner Omarthrose und Rotatorenmanschettendefektarthropathie zu unterscheiden.

Omarthrose

Jede Omarthrose beginnt mit einem umschriebenen Knorpelschaden. Die Inzidenz der glenohumeralen Arthrose liegt zwischen 5 und 18%. 5, 8, 14.

Ihre Entstehung ist meist unklar, jedoch sind Zusammenhänge mit Trauma, avaskulärer Nekrose, rezidivierender Instabilität oder auch postoperativen Zuständen wie nach Kapselraffung oder Verwendung von intraartikulären Schmerzpumpen in früheren Studien dokumentiert worden. 3, 4, 8, 10, 12

Reine glenohumerale Knorpelschäden sind zumeist aufgrund des unspezifischen Schmerzes und der Ähnlichkeit mit anderen Schulterpathologien klinisch schwer zu diagnostizieren; das Vollbild der Omarthrose zeigt sich dann eindeutig am Röntgenbild und klinisch mit einer deutlich eingeschränkten Beweglichkeit.

Eine weiterführende bildgebende Diagnostik wie MRT gibt Aufschluss über den Zustand der Rotatorenmanschette und ist weiters bei Verdacht auf avaskuläre Humeruskopf-nekrose indiziert. Fokale chondrale Defekte oder beginnende Omarthrosen werden allerdings zumeist erst im Rahmen einer Schulterarthroskopie entdeckt. 5, 7

Generell zeigen degenerative Gelenksprozesse bei intakter Rotatorenmanschette ein zentriertes Glenohumeralgelenk, sodass hier ein anatomischer Schultergelenksersatz durchgeführt werden kann. Ob Hemi- oder Totalendoprothese, das hängt fast nur vom Alter des Patienten ab. Zahlreiche Studien belegen, dass die Ergebnisse der Totalendoprothesen deutlich besser sind als die der Hemiendoprothesen. 2

Allerdings zeigt eine Langzeitstudie,16 dass die Revisionsrate nach Schulterprothese bei Patienten unter 50 Jahren 18% beträgt. Daher geht man dazu über, bei jungen Patienten und zu erwartenden Reoperationen eine Hemi prothese zu wählen.

Des Weiteren kann es bei einer Sonderform der Omarthrose mit hochgradigem dorsalem Glenoidabrieb schwierig bis unmöglich sein, ein Glenoid anatomisch korrekt zu implantieren, weshalb auch in diesen Fällen bevorzugt eine Hemiarthroplastik durchgeführt wird.

Das Damoklesschwert der Schulterendoprothetik ist zunehmend die Revisionssituation. Neben Infekten stellen zugangsabhängige Komorbiditäten (Subscapularissehnen-insuffizienz und Rotatorenmanschettenruptur), Schaftprobleme, Glenoidlockerungen und der mit der Revision einhergehende Knochenverlust eine wesentliche Problematik in der Schulterchirurgie dar.

1. Arthroskopischer Teilersatz

Die neueste Innovation ist die an unserer Abteilung entwickelte Methode der arthroskopischen Versorgung von glenohumeralen Knorpeldefekten und moderaten Omarthrosen mit einem Oberflächenersatz des Humeruskopfes, JATROS I Seite 32 Orthopädie & Rheumatologie 4/13 W. Anderl, Wien P. Heuberer, Wien REFERAT ORTHOPÄDIE & RHEUMATOLOGIE der Partial-Eclipse™-Prothese (Arthrex Inc., Naples, FL, USA).

Der große Vorteil dieser Technik liegt im Erhalt der Subscapularissehne und damit einhergehend in der Möglichkeit der sofortigen aktiven Mobilisation sowie im Erhalt der Gelenkbiomechanik und des intakten Restknorpels und nicht zu vergessen ist der minimale Knochenverlust durch das Implantat. Die Implantate sind so dimensioniert, dass fast zur Gänze die Oberfläche des Humeruskopfes ersetzt werden kann (Abb. 1); ein arthroskopischer Teilglenoidersatz ist in Entwicklung.

Die Indikationspalette für den arthroskopischen Humeruskopfersatz umfasst derzeit jegliche symptomatische fokale chondrale Defekte, Omarthrosen mit Glenoidarthrose bis Outerbridge Grad III13 ohne Glenoiddeformität (nur Typ A nach Walch17) sowie avaskuläre Humeruskopfnekrosen inklusive Grad III nach Cruess.6 Hochgradige Omarthrosen und Humeruskopfnekrosen, Humeruskopfdeformitäten, Glenoidtypen B und C nach Walch sowie Defektarthropathien bleiben die Domäne des herkömmlichen Konzepts des glenohumeralen Gelenkersatzes.

2. Metaphysäre Schulterendoprothese

Anatomische Schulterendoprothesen der 4. Generation bieten heutzutage langfristig eine gute Funktion und Schmerzfreiheit für die Patienten. Im Revisionsfall stellen jedoch das Entfernen des Prothesenschafts und der damit verbundene Knochenverlust eine deutliche Schwierigkeit dar. Um dem vorzubeugen, wurde von Copeland Mitte der 80er-Jahre der komplette Oberflächenersatz des Humeruskopfes eingeführt. Trotz der Attraktivität der Idee ist, wie internationale Prothesenregisterdaten zeigen, auch dieser mit deutlichen Schwierigkeiten und erhöhten Revisionsraten verbunden.

Neben der nicht immer einfachen Bestimmung des Rotationszentrums (center of rotation), was zu verkippten Implantaten führt, ist vor allem der gleichzeitige Glenoidersatz eine Herausforderung. Eine neue Art des Humeruskopfersatzes stellt die metaphysär verankerte Prothese dar. Von Habermeyer 2005 entwickelt, kombiniert sie die Vorteile der herkömmlichen Schaftprothesen mit den Vorteilen des Oberflächenersatzes. Die Eclipse™-Prothese (Arthrex Inc., Naples, FL, USA) erlaubt eine anatomische Humeruskopfresektion und daher uneingeschränkten Zugang zum Glenoid sowie eine schaftfreie Prothesenverankerung. Die anatomische Humeruskopfprothese wird lediglich mit einer Hohlschraube in der Humerusmetaphyse fixiert.

An unserer Abteilung seit 2005 in Verwendung zeigte sich aufgrund des vereinfachten Prinzips ein signifikanter Rückgang der Operationszeit sowie des Blutverlustes und damit der Belastung für den Patienten. In der Revisionssituation ist die fast primäre Ausgangssituation ein enormer Vorteil. Auch eine eventuell notwendige Osteosynthese bei Fraktur ist deutlich vereinfacht (Abb. 2). Eine Osteoporose stellt unserer Erfahrung nach keine Kontraindikation dar. Ob das Glenoid mit einem Polyethylen- oder Metalbacked-Glenoid ersetzt werden soll, darüber scheiden sich nach wie vor die Geister. Die Literatur berichtet zwar über höhere Revisionsraten Metal-backed-Glenoide betreffend, jedoch ein eindeutiger Vorteil, den sie abhängig vom Prothesenmodell bieten können, ist die Option, bei Bedarf durch Einbringen einer Glenosphäre von einem anatomischen auf ein inverses Prothesenmodell zu wechseln, ohne das Glenoid selbst angehen zu müssen.

 

Orthopädie & Rheumatologie

Defektarthropathien und irreparable Rotatorenman-schettenmassenrupturen

Dekompensierte irreparable Massenrupturen der Rotatorenmanschette mit einhergehender Pseudoparalyse der Schulter, nicht rekonstruierbare subkapitale Humeruskopffrakturen und eine Rotatorenmanschettenruptur bedingte Defektarthropathie des Glenohumeralgelenks mit Azetabulisierung am Akromion stellen die Indikation zur Implantation der relativ jungen inversen Schulterprothese dar.

Sekundäre Rotatorenmanschettenrupturen bei schon liegender anatomischer Schulterprothese nehmen im Indikationsspektrum ebenso deutlich zu. Studien zeigen derzeit Standzeiten von 15 Jahren bei inversen Schulterprothesen, was es bei der Indikation in Bezug auf das Alter des Patienten zu berücksichtigen gilt. Aufgrund eines Prothesendesign bedingten auftretenden Notchings am Skapulahals von bis zu 96% und des damit einhergehenden deutlich schlechteren Ergebnisses15 sowie der Revisionsoperation18 kam es zu einer 2. Generation von inversen Prothesen mit verändertem Design.

Die Idee der neuen Univers®-Revers-Prothese (Arthrex Inc., Naples, FL, USA) ist es, aufgrund des verkleinerten Schaftwinkels von 135° das gefürchtete Notching zu vermeiden und gleichzeitig die Innenrotation zu verbessern, um dem Patienten die Alltagstätigkeiten zu erleichtern. Die Balance zwischen Gelenkstabilität und Beweglichkeit einer inversen Schulterprothese (Abb. 3) stellt für jeden Schulterchirurgen nach wie vor eine Herausforderung dar. Studien zeigen, dass die Wahl einer großen Glenosphäre in Kombination mit einem kleineren Prothesenschaftwinkel derzeit den besten Kompromiss zwischen guter Alltagsfunktion und Stabilität darstellt. Die Möglichkeit des vereinfachten Wechsels von einer anatomischen auf eine inverse Prothese ist ein weiterer Vorteil der neuen Generation von Schulterendoprothesen.

Zusammenfassung

Durch die neu entwickelten Zugangstechniken und Implantatdesigns in der Schulterendoprothetik können den Patienten heutzutage nicht nur Funktion und Schmerzfreiheit effizient zurückgegeben, sondern auch modular aufgebaute langfristige Lösungen angeboten werden.

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